2nd Baltic Sea Conference – 15th Nordic Reading Conference
11. - 13. August 2010 in Turku Finnland
Lesen Sie hier den Bericht von Erika Altenburg. Außerdem können Sie hier einige Vorträge herunterladen.
Internationale Tagungen: die dritte
Und
wieder war es schön, interessant und „bildend“. In Braga/Portugal
hatten mich Ann-Sofie Selin und Peer Olof gefragt, ob ich auch nach
Finnland käme, und ich bin tatsächlich hingefahren und habe wiederum
einen Vortrag auf Englisch gehalten.
Auf der Liste der
Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden sich diesmal nur zwei
Vertreterinnen aus Deutschland: Renate Valtin und ich. Deutschsprachig
waren noch ein Österreicher und eine Finnin, die seit Jahren in
Deutschland lebt. Ansonsten: Alle Kommunikation „op English“. Es gab
auch eine große russische Fraktion und viele, viele Lehrkräfte aus
Finnland. Dort hatte die Schule gerade begonnen, weshalb vorab keine
Verabredung zu einem Schulbesuch zustande kam. Aber am ersten Nachmittag
habe ich gleich zwei sehr, sehr nette Lehrerinnen aus Turku kennen
gelernt. Eine wollte trotz Unterrichtsbefreiung am Freitag in ihre
Schule und hat mich spontan mitgenommen.
Besuch in einer finnischen Grundschule
Die
Schule, die ich besucht habe, hat noch keine ausländischen
Besuchergruppen gesehen. Ist also kein generelles „Pilgerziel“. Sie
liegt in einem Außenbezirk von Turku: Einfamilienhäuser, aber auch
größere Häuser mit Wohnungen, in die Familien von der Stadtverwaltung
„einquartiert“ werden. Das Gebäude schlicht, noch relativ neu, darin
eine zweizügige Grundschule und vorübergehend auch eine Sekundarschule.
Ich
war nur einen Vormittag in dieser Schule, mein Eindruck ist also nur
ein „Spotlight“, aber ein rundum positives. Sofort auffallend: die
ruhige, entspannte, freundliche Atmosphäre. In der kleinen Gruppe von
Pia, in den Klassen, im Lehrerinnen bzw. Lehrerzimmer, in den Pausen auf
dem malerischen Hof (ein bisschen wie Bullerbü), in der Mensa beim
Mittagessen.
Pia betreute eine Gruppe von neun (ursprünglich zehn)
Kindern, die aus zwei ersten und zwei zweiten Klassen herausgenommen
worden waren. Aus unterschiedlichen Gründen (Verhalten, langsames
Lernen, Rückstände in der finnischen Sprache bei einem russischen Jungen
etc.). Die Kinder haben in dieser Gruppe drei Jahre Zeit für die ersten
beiden Schuljahre. Die Buchstabentafeln an der Wand, die
Arbeitsmaterialien, die Lernspiele (z.T. von deutschen Verlagen) – das
kam mir alles so bekannt vor. Aber: die Lehrerin konnte sich jedem Kind
sehr intensiv widmen: vier kamen schon um 8.00 Uhr und gingen um 12.00,
die anderen fünf kamen um 9.00 und gingen um 13.00 Uhr. Mittagessen war
für alle gemeinsam – mit der Lehrerin - um 11.30 Uhr. Gemüsesuppe mit
und ohne Würstchen, 3 Sorten Brot zur Auswahl, dazu Butter und
Kräuterkäse. Getränk: wahlweise Milch oder Wasser. Zum Nachtisch ein
Apfel. In jeder finnischen Schule gibt es Mittagessen für alle Kinder,
auch wenn sie schon mittags nach Hause gehen!
Ich wurde eingeladen,
mir ein Projekt gegen Mobbing anzusehen, ein Computerprogramm: Kinder
der zweiten Klassen bearbeiteten dieses Programm, beim Umgang mit dem
Gerät unterstützt durch Jugendliche aus den fünften oder sechsten
Klassen. Das Programm machte einen guten Eindruck, die Kooperation auch.
Bei der Unterhaltung mit den Kolleginnen von Pia hatte ich den Eindruck
von deutlichem Engagement und viel Gelassenheit. Eine Kollegin freute
sich, dass ihre Tochter es „geschafft“ hatte und Lehrerin werden darf.
Es bewerben sich wohl Hunderte auf 200 Plätze. Obwohl man auch in
Finnland im medizinischen Bereich und bei der Juristerei etc. mehr
verdienen kann als in der Schule. Beliebtheit und Ansehen des
Berufsstandes ist deutlich anders- das haben wir alle schon gelesen.
Aber: was war zuerst da? Henne oder Ei? Die Leistung, das Sich-Kümmern
um jedes individuelle Kind, oder die Anerkennung? In diesem Zusammenhang
sehe ich auch den Abschlussvortrag, der mich sehr beeindruckt hat, auch
und vor allem wg. Selbstkritik und „Blick nach vorn“.
Ein Highlight:
der Abschlussvortrag von Frau Professorin Minna-Riitta Luukka, Universität Jyväskylä
Ausgehend
davon, dass Finnland bei Pisa gut abgeschnitten hat, also in Sachen
Grundlagen („reading literacy“) sehr gut dasteht, zeigte die Professorin
als Ergebnis ihrer Untersuchungen alle Schwachstellen auf, die sie
ausgemacht hat. Also kein Ausruhen auf den „Lorbeeren“, sondern
Durchstarten in Richtung Medienerziehung. Wobei Frau Luukka überzeugende
Beispiele für die unterschiedlichen Lebens- und Lesewelten von
Lehrkräften und Jugendlichen brachte. Es gibt also Einiges zu tun, zu
verändern bzw. weiterzuentwickeln.
Internationale Forschungsergebnisse und Projektdarstellungen
Das,
was bei den Plenumsvorträgen und Paper-Sessions geboten wurde, war auch
hier wieder sehr interessant. Die aktuellen Diskussionen sind
offensichtlich international. Es wurden best-practice-Modelle aus
mehreren Ländern vorgestellt (Henrietta Dombey, UK), Einiges zur
Leseförderung im Kindergarten, zum Einsatz von Bilderbüchern, Umgang mit
bestimmten Textsorten etc. Interessant war ein Modell aus Griechenland,
von Kreta (auf unserer homepage nachzulesen).
Bei meinem eigenen
Vortrag zum Nutzen von textlinguistisch basierten
Texterschließungsmethoden waren diesmal viele Lehrkräfte. Deren Lob –
„gut brauchbar für die Praxis“ – hat mir gut getan! Und mein langsames,
schlichtes Englisch fanden sie schön verständlich!
Soziales am Konferenzort Turku, einer Stadt am Meer im Süden von Finnland
Das
Mit-Menschliche war auch hier wieder überzeugend. Kontakte knüpfen und
hören, wie es woanders zugeht, wie sich die Probleme oder
Fragestellungen gleichen.....Das gelang bei jedem großen und auch
„kleinen“ Treffen am Abend und auch „zwischendurch“.
Es gab einen
Empfang beim Bürgermeister (mit tollem Buffet) und eine wunderschöne
Abendfahrt per Schiff vom Fluss bis aufs Meer zu den Schären, bei
wunderbar warmem Sommerwetter.
Zwischendurch war auch genug Zeit,
die Sehenswürdigkeiten von Turku zu besichtigen (u.a. Kirche,
Apothekenmuseum mit malerischem Café im Innenhof) bzw. auf der sehr
schönen Promenade am Fluss zu bummeln. Turku wird – zusammen mit Tallin –
2011 Kulturhauptstadt. Es lohnt sich, dorthin zu fahren! Ist auch sehr
geeignet für Leute, die gerne mit dem Fahrrad fahren (das Touristbüro
hat mehr als 200 zum Verleihen).
Turku 2010:
Eine
finnische Schule besucht, Interessantes gehört, nette Leute kennen
gelernt, den fachlichen Horizont erweitert sowie an der aktuellen
Diskussion teilgenommen - und eine schöne Gegend gesehen. Gut, dass ich
hingeflogen bin!
Fazit:
Liebe DGLS-Mitglieder, denkt schon mal an die nächste internationale Tagung vom 31. Juli bis zum 3. August 2011 in Mons in Belgien. Das ist ganz nah!!!
Christoph Jantzen
Gibt es eigentlich Mitgliederinnen? Geschlechtersensitive Sprache
Hanna Sauerborn
Frage des Monats: Leseflüssigkeit fördern
Erika Altenburg
Frage des Monats: Leseflüssigkeit fördern
Sabine Birck
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Hans Brügelmann
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