DGLS-Tagung im November

DGLS-Tagung im November 25.11.2011
Lesen- und Schreibenlernen mit neuen Medien
Schloss Rauischholzhausen
Beginn: Freitag, 25.11.2011, 15.30
Ende: Sonntag, 27.11.2011, 12.00

Einige der Präsentationen können Sie nachlesen oder herunterladen (s.u.). Es fanden die folgenden Veranstaltungen statt:

Margit Böck
Modalität und Medialität des Lesens und Schreibens
Der soziale und verbunden mit diesem der technologische Wandel führten zu grundlegenden Veränderungen von Literalität. Das Wandern der Schrift „from page to screen“, wie es Gunther Kress in den 1990-er Jahren formuliert hat, verändert die Produktion von Texten, die Texte selbst und selbstverständlich auch das „Lesen“ dieser Texte. Lesen und Schreiben werden zunehmend multimodal und multimedial. In meinem Vortrag spreche ich darüber, was diese Veränderungsprozesse von Schriftlichkeit für das Lesen und Schreiben implizieren und welche Potentiale die digitalen Technologien für die Förderung des Lesen- und Schreibenlernens bieten. Ich differenziere dabei zwischen der modalen Ebene, in der Schrift als Modus der Kommunikation betrachtet wird, und der medialen Ebene, in der die Vermittlungsmedien von schriftlichen Texten im Vordergrund stehen. Fragen der Identitätsarbeit der Lesenden und Schreibenden werden dabei eingebunden.

Annerose und Jürgen Genuneit
Schrift und Schreiben als Herrschaftsinstrument. Von der Keilschrift zu den neuen Medien
Der Vortrag zeigt anhand von kulturgeschichtlichen und literarischen Quellen, wie Schrift und Schreiben seit ihrer Erfindung als Herrschafts- und Kontrollinstrumente benutzt werden. Dies hat sich auch im Zeitalter der neuen Medien nicht geändert. Der Vortrag macht zudem deutlich, dass unter der Macht der Schrift besonders die Menschen zu leiden haben, die die Schrift nicht ausreichend beherrschen. Zum Schluss wird auf die Möglichkeiten eingegangen, mit Schrift und Schreiben eine kreative, demokratische Gegenmacht zu bilden. Diese Möglichkeiten sollten beim Lesen- und Schreibenlernen im Zeitalter der neuen Medien berücksichtigt werden.

Erika Brinkmann
Lesen- und Schreibenlernen mit Hilfe des Computers: Können Programme den eigenaktiven Schriftspracherwerb der Kinder sinnvoll unterstützen?
Der Einsatz von Computern schon im Anfangsunterricht ist nur dann zu vertreten, wenn die genutzten Programme mehr leisten als die herkömmlichen Arbeitsmaterialien wie Stift, Papier und Bücher oder Arbeitsblätter.
Und  - dies gilt selbstverständlich auch für alle anderen Unterrichtsmaterialien - die Programme müssen geeignet sein, die Kinder in ihrer spezifischen Entwicklung zu unterstützen.
Wenn Kinder in die Struktur der Schriftsprache eindringen, haben viele von ihnen Schwierigkeiten an drei Schlüsselstellen der Schriftsprachentwicklung:
- beim Wechsel der Aufmerksamkeit von der Bedeutung des Wortes auf seine Lautform;
- beim Verschriften und Erlesen von unbekannten Wörtern mit Hilfe des alphabetischen Prinzips;
- und bei der schrittweisen Annäherung an das orthografisch korrekte Schreiben.
Vor allem dank digitaler Sprache kann Lernsoftware - anders als Arbeitsblätter - Kinder an diesen kritischen Stellen beim selbstständigen Lernen unterstützen, so dass die Lehrperson sich auf die Unterstützung bei besonderen Schwierigkeiten konzentrieren kann.
Am Beispiel der drei Programme LAUSCH-WERKSTATT, BUCHSTABEN-WERKSTATT und WÖRTER-WERKSTATT soll beispielhaft gezeigt werden, wie der Schriftspracherwerbsprozess der Kinder gezielt herausgefordert und Stolperstellen rasch überwunden werden können.

Iris Kruse
„Die Bösen sind irgendwie immer schwarz.“ Literarisches und medienästhetisches Lernen mit intermedialen Lektüren
Ein moderner Literaturunterricht, der an die lebensweltlichen Erfahrungen der Kinder anknüpfen will, muss die vielfältigen kinderliterarischen Medien strukturell berücksichtigen. Der Vortrag entfaltet ein begründetes Plädoyer für ein an faktischer Kinderkultur orientiertes Kontinuitätskonzept literarästhetischer Sozialisation im Literaturunterricht der Grundschule. Mit der so genannten Intermedialen Lektüre wird eine Methode vorgestellt, die großes Potential aufweist, diese Kontinuität zu gewährleisten. Der Medienverbund wird integriert; literarisches und medienästhetisches Lernen greifen ineinander. Auch genderspezifische Aspekte rücken hier in den Blick. Sind es doch vor allem die medien- und computerorientierten Jungen, für die aus herkömmlichen Konzepten des Literaturunterrichts oft wenig Lesemotivation zu gewinnen ist.

Margit Böck
Digital Storytelling als Beispiel für die Vernetzung zwischen der außerschulischen und der schulischen Lebenswelt der Kinder
„Digitales Geschichtenerzählen“ ist eine Möglichkeit, Kinder selbst zu Wort kommen zu lassen, und zwar sowohl was den Inhalt einer Geschichte betrifft als auch deren multimodale Umsetzung. Kinder erzählen zu einem vorgegebenen Thema eine Geschichte. Dabei verwenden sie gesprochene Sprache, die sie aufzeichnen, sie schreiben Texte, sie zeichnen und malen, machen Fotos und kleine Videos. Diese Elemente führen sie mit Hilfe einer einfach zu bedienenden Computersoftware als ihre Geschichte zusammen, die auf der Webseite der Schule, der Facebook-Seite der Klasse oder auf Youtube zugänglich gemacht werden kann. Bei der Produktion der Geschichten sind zahlreiche Planungsschritte erforderlich, bei denen die Kinder lesen und schreiben, sie schreiben Texte, die selbst Teil ihrer Geschichte werden. Neben der medialen Ästhetik ihrer Produkte ist die Veröffentlichung für viele Kinder besonders motivierend. PädagogInnen wiederum lernen durch ihre Schüler und Schülerinnen aus der Perspektive des Erzählers/der Erzählerin kennen und erfahren, was für diese wichtig ist und wie sie Facetten ihres Alltags und ihrer Umgebungen interpretieren.

Anja Wildemann und Mahzad Hoodgarzadeh
Talking Book als Lernmedium für Lernende und Lehrende?
Insbesondere das schriftsprachliche Lernen wird hierzulande nach wie vor eng an die Lese- und Buchkultur gebunden. Bekannt ist jedoch auch, dass es Familien und Kulturen gibt, in denen das geschriebene Wort keine so herausragende Position einnimmt (vgl. u.a. Kuyumcu 2006; Rachner 1998), wie ein eher buchbezogener Deutschunterricht es voraussetzt. Hinzu kommen die rasante Entwicklung der Kommunikationstechnologien und die entsprechend veränderte technische Ausstattung der privaten Haushalte (vgl. KIM-Studie 2010). Diese medialen Erfahrungen und Interessen der jungen Lerner/-innen werden in dem EU-Projekt MuViT (Multilingual Virtual Talking Books) aufgegriffen. Es handelt sich dabei um virtuelle Bilderbücher in mehreren Sprachen, die von den Kindern am Computer angesehen, angehört und gelesen werden können. Zudem enthalten sie Tools zum Sprach- und Leseverstehen. Talking Books sollen keinesfalls herkömmliche gedruckte Bücher ersetzen, sie können aber, ähnlich wie Hörmedien, Kinder auf die Spur des Lesens bringen.
Der Beitrag gliedert sich in zwei Teile. Im ersten, theoretisch-methodologischen Teil erfolgt eine Vorstellung des MuViT-Forschungsprojektes auf der Grundlage einer Multiliteralitätsdidaktik. Im zweiten Teil wird aus einem studentischen Seminar berichtet, in dem zukünftige Deutschlehrer/-innen eigene Talking Books erstellt und erprobt haben. Talking Books können, so ein erstes Zwischenfazit, gleichermaßen als Lernmedium für Lernende und Lehrende dienen.

Nico Stolz
Wie erstelle ich e-Bücher mit Kindern?
Es wird ein Projekt vorgestellt, in dem Schüler und Schülerinnen mithilfe der kostenlosen Software Reallybooks ein elektronisches Buch erstellen. Die TeilnehmerInnen dieser Arbeitsgruppe sind aufgefordert, ihren Computer mitzubringen, damit sie selbst ein e-Buch erstellen können.

Erika Altenburg
Videoclips bzw. Filmspots zu Gedichten
Nach dem selbstständigen Texterschließen kann ein Text produktiv gestaltet werden durch einen pointierten Vortrag, durch eine Verklanglichung etc. In diesem Zusammenhang stellt auch die visuelle Gestaltung eines Gedichts bzw. die Umsetzung in einen Filmspot einen interessanten und motivierenden Weg dar. Beispiele von Videoclips für einfache, kurze Gedichte werden vorgestellt. Wir können gemeinsam klären, wie man die Gestaltung von Filmspots mit heutigen Mitteln und Möglichkeiten in einer vierten Klasse organisieren könnte.

Natalia Kucirkova
Unsere Geschichte (Our Story) – wie Kinder und Eltern ein elektronisches Medium zur Herstellung von Bilderbüchern nutzen können
Gemeinsam mit Kollegen von der Open University (England) hat Natalia Kucirkova ein Programm entwickelt, das kostenlos erhältlich ist als App für iphone, ipod, ipad. Es eignet sich für Kinder vom 2. Lebensjahr an und kann allen Altersstufen angepasst werden. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass Kinder in der Entwicklung kreativer und kommunikativer Fähigkeiten anregt werden und dass die Herstellung persönlicher Geschichten bedeutsam ist für Wortschatz, Selbstvertrauen und soziale Fähigkeiten. Anhand von Videoaufzeichnungen wird das Programm vorgestellt. Der Vortrag findet in englischer Sprache mit deutscher Übersetzung statt.
Weitere Infos unter: http://www8.open.ac.uk/platform/news-and-features/researchers-create-free-app-parents-help-children-read; http://www.youtube.com/watch?v=Z76jcP-np60.

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