Beispiele für eine akustisch gestaltete Schule von Marianne Wiedenmann

Gekürzte Textfassung einer Sendung des Hessischen Rundfunks (1)

Wie erleben Schüler ihren eigenen Krach? Sie haben Krachmonster, die aus den Fensterritzen schlüpfen, dafür verantwortlich gemacht, die sie dann an die Tafel gezeichnet haben.

  1. Sind nur Störenfriede am Lärm in der Schule schuld?

Lärm in der Schule – für Schüler und Lehrer ist das ein Alltagsproblem. Meist wird die Schuld hierfür auf einzelne Störenfriede abgeschoben. Neuere Studien aber zeigen, dass viele Klassenzimmer mehr zum Lärmen als zum Lernen anregen. Wie sollten Klassenzimmer von der Ausstattung her beschaffen sein, dass man gut zuhören kann? Wie kann eine Atmosphäre entstehen, die dem gemeinsamen Lernen und der Verständigung dient?

        Hören ist eine elementare Voraussetzung des Lernens. Viel zu wenig wird heute über interne Kommunikationsbedingungen und die externen - die akustischen Bedingungen des Raumes nachgedacht, meint Prof. Kahlert von der Universität München, der spezialisiert ist auf den Unterricht in der Grundschule. Diese Institution baut auch auf dem Hören auf. Die Sinnestätigkeiten sind elementar für das Lernen, zunächst, um das Sprechen zu lernen, um sich zu verständigen und um miteinander zu lernen. Es macht die Qualität einer Gesellschaft aus, wie die Menschen miteinander umgehen und dazu brauchen sie in der Regel die Sprache. Die Sprache und die Sprachverständlichkeit ist grundlegend für die Kommunikation. Das setzt voraus, dass man einander zuhört. Warum das Zuhören schwer  fällt, liegt auch daran, dass die Orte dazu nicht besonders geeignet sind.

Wie erleben Schüler ihren eigenen Krach? Sie haben Krachmonster, die aus den Fensterritzen schlüpfen, dafür verantwortlich gemacht, die sie dann an die Tafel gezeichnet haben.

  1. Die akustische Atmosphäre in Klassenräumen ist oft mangelhaft

Beispiel: bei der Neugestaltung der Sitzungsräume des Bundestags stand das visuelle Design im Vordergrund, die Raumakustik war so schlecht, dass sich die Politiker nicht gegenseitig hören konnten. Auch in Schulen ist die akustische Atmosphäre in Klassenräumen oft mangelhaft bis ungenügend, ohne dass es zu Protesten kommt. Störgeräusche bestimmen das akustische Binnenklima: Plumpsende Ranzen, klickende Schlösser, knarrende Reißverschlüsse, aneinandergestoßene Möbel, Rücken der Stühle, gerufene Begrüßungen, hüsteln, scharren. Der Akustik sollte ein geschultes Ohr gewidmet werden - das fordern inzwischen auch die Fachleute, denn Störgeräusche kann man nur bedingt ausblenden.

  1. Störgeräuschpegel und die Halligkeit unter der akustischen Lupe

Grundlegend für die raumakustischen Eigenschaften ist die Nachhallzeit. Es wird in der Praxis davon ausgegangen, dass bei einer Nachhallzeit von 0.6 - 0.8 Sekunden ein Raum ausreichende akustische Voraussetzungen bietet. In untersuchten Klassenräumen lagen die Nachhallzeiten bei 1.2 bis 1.4 Sekunden. Da können die Kinder vieles schwerer verstehen. Normale Klassenräume in Dresden wurden nach Klagen von Lehrern von Raumakustikern eines Ingenieurbüros unter die akustische Lupe genommen

In vielen Klassenzimmern haben es Schüler und Lehrer schwerer, weil der Nachhall nicht stimmt. Die Folge ist, dass Schüler und Lehrer lauter reden müssen. Der laute Schall wird von den Klassenwänden und Glasflächen der Fenster reflektiert und die Lärmspirale weiter nach oben getrieben. Der Störgeräuschpegel und die Halligkeit des Raumes können Ursache dafür sein, dass Sprache nicht vollständig verstanden wird.

  1. Schall absorbierende Materialien gegen die Lärmspirale

Harte Raumbegrenzungsflächen reflektieren den Schall besonders stark, wie betonierte Decken oder glatt verputzte Wände. Werden diese mit absorbierenden Materialien verkleidet, z.B. mit einer Akustikdecke. Sie bestehen aus Kunststoff mit rauen Oberflächen und sind besonders gestaltet, so dass Sie den Schall sozusagen aufsaugen. Der Schall wird absorbiert wie bei einem Schwamm, der Flüssigkeiten aufsaugt.

Schon bei der Planung von Räumen sollte an Akustikdecken gedacht werden, nicht erst bei Renovierungen. Untersuchungen aus USA bestätigen,

        dass lärmbelastete Kinder schwerer für Aufgaben zu motivieren sind. 

        Sie geben auch schneller auf, wenn die Aufgaben schwieriger werden. 

        Lärm mindert auch die Bereitschaft zum Kontakt mit anderen.

Was in Deutschland bisher erst in Einzelfällen und in Modellversuchen berücksichtigt wird, ist in anderen Ländern viel stärker im Bewusstsein. In USA arbeiten Bauakustiker und Psychologen zusammen. In England und Schweden gibt es grundlegende Untersuchungen zu Fragen der Raumakustik und der Sprachverständlichkeit in öffentlichen Gebäuden.

  1. Verbesserung der internen Bedingungen für das Zuhören in der Schule

Nicht nur die externen Bedingungen für das Zuhören, sondern auch die interne Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Schülern sollte nach akustischen Bedingungen gestaltet werden. Prof. Kahlert von der Uni München fordert, dass die Lehrer die Schüler auf das Zuhören einstimmen und ihnen das Zuhören erleichtern. Kinder sollten wissen, worauf sie besonders achten müssen. Beispiel: Wenn die Lehrerin mitteilen möchte, dass morgen die erste Stunde ausfällt, sagt sie “passt mal auf, jetzt kommt etwas Wichtiges”, sonst bekommen manche Kinder auch diese gute Nachricht mit. Wenn es da schon so ist, wie viel gravierender muss es erst bei Inhalten sein, die das Interesse der Kinder nicht ad hoc ansprechen. Wenn Sprache wirken soll, setzt es voraus, dass sie ankommt und das setzt voraus, dass man dem Sprechenden zuhört. Das Zuhören organisieren - wenn in einer Schule das bewusste Hören und Zuhören gefördert wird, trägt sie auch dazu bei, dass Schüler aufmerksam für das eigene Gehör werden.

Weitere Ideen neben einer Informationswand zum Zuhören sind:
Regelmäßige Erzählabende,
Stilleübungen,
eine Hörbar oder eine Audiobibliothek einrichten, Hörenswürdigkeiten oder Hörmüll auf Hörspaziergängen mit verschlossenen Augen entdecken. Wer nichts sieht, hört genauer hin.
Sicher werden Schulen dadurch nicht zu Oasen der Ruhe, aber geeignete Räume können das Zuhören unterstützen. Vom Willen und der Fähigkeit der Anwesenden ist es abhängig, ob einander zugehört wird.

  1. Weitere Informationen zur Zuhörförderung Weitere Informationen zur Zuhörförderung in dem Projekt Stiftung ZUHÖREN – eine Initiative des Hessischen Rundfunks -

gibt es im Internet unter: www.hr2.de oder über

das Hörertelefon 069-155 40 22

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