Seit dem vergangenen Jahr
arbeitet die KMK an einer neuen Fassung ihrer Empfehlungen zur
LRS-Förderung.
Zur Vorbereitung sind von ExpertInnen, zu denen auch einige der
UnterzeichnerInnen dieses Rundbriefes zählen, Gutachten verfasst worden.
Inzwischen hat sich der Bundesverband Legasthenie mit einer
Unterschriftenaktion in den politischen Prozess eingeschaltet.
Wir teilen die Intention
des Verbandes, für Kinder mit besonderen Schwierigkeiten beim Lesen- und
Schreibenlernen eine zusätzliche Förderung in der Schule zu sichern.
Diese Forderung muss aber für alle Kinder gelten, unabhängig von ihren
sonstigen Leistungen und Voraussetzungen.
Insbesondere hat sich das
Konstrukt "Legasthenie" nicht als geeignet erwiesen,
-
um Kinder mit
mindestens durchschnittlicher Intelligenz als eine Teilgruppe mit
andersartigen Schwierigkeiten zu definieren;
-
um diese Gruppe von
Schwierigkeiten mit andersartigen Ursachen abzugrenzen und
-
um die Notwendigkeit
bzw. Eignung einer andersartigen Förderung zu begründen.
Unter den genannten drei
Gesichtspunkten ist die Gruppe der sog. "LegasthenikerInnen"
weder in sich homogen, noch lässt sie sich von anderen Kindern mit
Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreibenlernen trennscharf abgrenzen.
Zu fordern sind statt
solcher globalen Gruppenbildungen
-
eine systematische Überprüfung
des Entwicklungsstandes aller Kinder zur Früherkennung besonderer
Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb;
-
eine begleitende
Beobachtung jedes einzelnen Kindes mit Lese- und
Schreibschwierigkeiten und eine Bestimmung seiner spezifischen
Probleme;
-
Raum und Aufgaben für
eine individuelle Lernförderung gemäß den jeweiligen
Voraussetzungen und dem jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes sowie
-
Ressourcen für eine
individuelle Unterstützung bezogen auf die jeweiligen
Schwierigkeiten.
Auch aus unserer Sicht
ist statt einer entmutigenden Benotung, die individuelle Anstrengungen und
Leistungen im unteren Leistungsbereich nicht honoriert, eine vorrangig
entwicklungsorientierte Dokumentation und Bewertung der Leistungen zu
fordern - aber für alle SchülerInnen. Statt einer Beurteilung nach
gruppenorientierten Normen, die keine Rücksicht auf die unterschiedlichen
Voraussetzungen und Fortschritte nimmt, sind generell Formen der Rückmeldung
zu fordern, die Fortschritte und Schwierigkeiten konkret beschreiben sowie
nächste Schritte der Anforderung und darauf bezogene Aufgaben bzw. Hilfen
konkret benennen.
Die hier vorgetragene
Argumentation gilt analog für die KMK-Überlegungen zur Förderung
rechenschwacher Kinder. Auch in diesem Bereich gibt es keine Gründe für
die vom Bundesverband Legasthenie geforderte Unterteilung in
unterschiedliche Kategorien .
ErstunterzeichnerInnen:
Prof. Dr. Heiko Balhorn
(Uni Hamburg) Ltd. RSD Horst Bartnitzky (Vorsitzender des Grundschulverbands) Prof'in Dr. Erika Brinkmann (PH Schwäbisch-Gmünd) Prof. Dr. Hans Brügelmann (Uni Siegen) Prof'in Dr. Mechthild Dehn (Uni Hamburg) Dipl-Päd Ingrid Naegele (Uni Frankfurt) Prof'in Dr. Sigrun Richter (Uni Regensburg) Prof'in Dr. Gerheid Scheerer-Neumann (Uni Potsdam) Prof. Dr. Wilhelm Schipper (Uni Bielefeld) Prof. Dr. Christoph Selter (Uni Heidelberg) Prof'in Dr. Renate Valtin (Humboldt-Uni Berlin) ¶ | |
Ausführliche Stellungnahmen von (u.a.) Hans Brügelmann, Mechthild Dehn, Rudolf Kretschmann und Ingrid Naegele finden Sie auf der Homepage des Grundschulverbandes unter Aktuell > Stellungnahmen @ www.grundschulverband.de Unterstützungserklärungen bitte an eine/n der ErstunterzeichnerInnen (einfach auf einen der Links oben klicken!) |
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