51th Annual Convention der IRA, Chicago, Illinois

Ein Bericht von Bernhard Hofmann und Renate Valtin

Die 51. Annual Convention der International Reading Association in Chicago vom 30. April bis zum 4. Mai 2006 stand unter dem Motto »Great Teachers Inspire the World«. Es wurden Veranstaltungen zu folgenden Themen angeboten: Leseunterricht (getrennt nach verschiedenen Altersstufen), Erfassen der Leseleistung, Erhalt und Steigerung von Lesemotivation, Verhinderung und Überwindung von Leseschwierigkeiten, Unterricht im Schreiben und Rechtschreiben, Einsatz neuer Medien im Leseunterricht, Literatur und Kinderbücher im Leseunterricht sowie Professionalisierung von Leselehrern.{mosimage}
Chicagos größtes Convention Center, das Lakeside McCormick, liegt am Ufer des Lake Michigan etwas entfernt von der Innenstadt Chicagos. Es gilt als eines der größten Tagungszentren der USA mit 2,2 Millionen Squarefoot entsprechend 204.380 Quadratmeter Ausstellungsfläche in zwei Gebäudekomplexen. Dabei verfügt es über die größten Versammlungsräume (Ballrooms) in Chicago und das Arie Crown Theatre bietet allein 4249 Sitzplätze. Darüber hinaus stehen 114 weitere Räume unterschiedlichster Größe zur Verfügung sowie riesige Ausstellungshallen, deren größte bis zu 10.000 Sitzplätze fassen kann.
Das Convention Center war zu Fuß praktisch nicht erreichbar, sodass die über 22.000 Teilnehmer zwischen Tagungsstätte und Tagungshotels mit Bussen transportiert werden mussten. Dank perfekter personalaufwändiger Organisation klappte dies hervorragend und Wartezeiten hielten sich in erträglichen Grenzen.
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Den Eröffnungsvortrag hielt Jonathan Kozol, ein seit über 40 Jahren unermüdlich für die Rechte von Kindern aus armen, unterprivilegierten Familien kämpfender Aktivist. In vielen Büchern thematisierte er die Lage dieser Kinder und sein neuestes Buch „The Shame of the Nation: The Restoration of Apartheid Schooling in America“ (2005) zieht eine sehr ernüchternde Bilanz. In seinem sehr bemerkenswerten Vortrag erläuterte er seine Beobachtungen, dass sich, zumindest in Bezug auf Rasse, in den letzten 40 Jahren so gut wie kein Fortschritt im amerikanischen Schulsystem etabliert habe. So sei der Anteil der schwarzen Schüler, die auf wirklich rassengemischte Schulen gehen, auf das Niveau der 1960er zurückgefallen. Er berichtete auch von einem Besuch in der South Bronx, wo 99,8 % der Schüler Schwarze oder Latinos waren. Eine Zeitlang machte die Rassenintegration in US-amerikanischen Schulen enorme Fortschritte, aber in den letzten 15 Jahren sei diese Integration auf ein Niveau zurückgeführt worden, das den Verhältnissen von 1968 entspräche, so Kozols Bilanz. Er erinnerte daran, dass Schule und eine demokratisch gesinnte und engagierte Lehrerschaft meist die einzige Hoffnung auf ein erfolgreiches Leben für Kinder aus armen Familien darstellen.

Viele hundert Symposien, Workshops, Vortragsveranstaltungen und Poster Sessions (Nele McElvany, unsere Kollegin im Vorstand, war dort mit einem Poster vertreten) bildeten ein überaus umfangreiches Programm. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt auffallend bei schulbezogenen Themen für Lehrkräfte an Schulen. Veranstaltungen zu Themen aus der Forschung waren zwar vorhanden, aber in deutlich geringerer Zahl als in früheren Jahren. Allerdings fand einen Tag vor dem Kongress eine ganztägige und trotz der hohen Teilnahmegebühren gut besuchte „Research Conference“ statt, auf der auch Renate Valtin einen Vortrag hielt zum Thema: „What PISA/PIRLS Tells Us About Children’s Rights to High Quality Literacy Education“ (Eine ähnliche, auf Deutschland bezogene Analyse ist auf der Netzseite der DGLS nachzulesen).
Auch Veranstaltungen mit Referenten von außerhalb der USA waren im Vergleich zu früheren Annual Conventions sichtlich weniger geworden, sieht man einmal von Veranstaltungen ab, bei denen Spanisch die Arbeitssprache war. Insgesamt tut sich die IRA schwer, ihrem Namen Ehre zu machen und tatsächlich international zu wirken. Wir erfuhren auch, wie die Bezeichnung „International“ für diese Organisation zustande kam: Bei der Gründung war ein Kanadier dabei!
Die DGLS war mit einem Stand in der Ausstellungshalle vertreten, an dem die beiden Autoren dieses Berichts für die Teilnahme am Europäischen Lesekongress „Checkpoint Literacy“ 2007 in Berlin warben. Im persönlichen Gespräch zeigten viele Konferenzteilnehmer Interesse an einer Teilnahme und besonders auch an einem Besuch in Berlin.
Die beiden Fotos zeigen die Autoren dieses Berichts und die beiden hauptamtlichen Organisatorinnen des Berliner Kongresses, Ann-Sofie Selin, die zukünftige Vorsitzende des Internal Development in Europe Committee, und Renate Valtin, die Präsidentin der DGLS.

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